9 Monate nach den verheerenden Erdbeben in Nepal bin ich wieder vor Ort, um das ADH-Medienteam filmisch zu unterstützen. Was ist mit den Spendengeldern passiert? Was für Fortschritte sind zu sehen und was ist noch zu tun? Es ist eine aufwühlende Zeit. Der Monsun ist vorbei, jetzt ist Winter und die Temperaturen sinken nachts auf knapp über null. In unseren Unterkünften gibt es keinerlei Heizung, erst unter mehreren Lagen Decken und komplett in Winterjacke eingepackt werden die Nächte erträglich. Aber all das haben die meisten Leute nicht. Wir fahren in die betroffenen Regionen, in denen die Beben am meisten Schaden angerichtet haben. Viele Menschen haben alles verloren, sie hausen unter Zeltplanen und wenn sie Glück haben, nennen sie ein sogenanntes „temporary shelter“ – eine Übergangsbehausung – ihr Eigen. Einfache Wellblechhütten mit so gut wie keiner Isolation – aber immerhin ein festes Dach über dem Kopf. Mit den Winterization-Kits erhielten viele Menschen auch Decken, die vor den nasskalten Nächten schützen sollten. Immerhin: es wurden tausende erreicht. Unzählige haben sich selbst geholfen und provisorische Unterkünfte fertiggestellt. Es geht voran, aber in Erinnerung werden viele Momente wie diese bleiben:
Das Dorf, das für mich fast schon normal aussieht, bis ich realisiere, dass alle Häuser zerstört und durch Wellblechhütten ersetzt wurden. Andernorts durchaus ein gewöhnlicher Anblick. Erst auf den zweiten Blick erkennt man Trümmer, die einmal Häuser waren.
Das alte Ehepaar, das alles verloren hat und nun ohne vernünftige Kleidung zusammen mit Ihrer Ziege in einer winzigen Wellblechhütte lebt – in dieser Nacht fühlte ich mich unter meinen 3 Decken richtig schlecht.
Die Mutter, die ihr Haus in Kathmandu verkauft hat, um an einem anderen Ort ein neues Haus zu bauen und von den Mieteinnahmen der verschiedenen Parteien leben zu können. Das Erdbeben begrub 10 Mieter unter sich, ihrer Tochter musste der Arm amputiert werden und das Haus ist restlos zerstört. Mutter und Tochter leben unter Wellblech und haben keine Perspektive.
In Erinnerung bleibt aber auch der kleine Junge Laxman, dem in einem schnell aufgebauten Feldhospital quasi das Leben gerettet wurde. Schwer verletzt eingeliefert, erkannten die Ärzte zusätzlich noch ein ernstes Herzproblem. Nur durch die schnelle Reaktion und eine kostenlose Operation an einem staatlichen Hospital kann er nun das Leben eines normalen Jungen führen.
Die permanenten, erdbebensicheren Häuser, die zusammen mit lokalen Fachkräften gebaut werden – sie sollen Modellcharakter haben, so dass die Menschen in Zukunft besser vor den Beben geschützt sind. Der Nepalesische Staat wird jede geschädigte Familie mit 2000 USD für ein neues Haus unterstützen. Das ist ein Anfang.
Am letzten Tag verbringe ich ein wenig Zeit alleine in der Stadt. Ich mache mich auf den Weg zum Durbar Square, dort wo 3 Tage nach dem Beben die größten Zerstörungen sichtbar wurden und von wo die Bilder der eingestürzten Tempel um die Welt gingen. Ich bin überrascht: die meisten Trümmer sind beseitigt, es herrscht ganz normales, geschäftiges Treiben. Irgendwie ein gutes Gefühl. Wenn alle zusammenarbeiten, könnte der Wiederaufbau in ein paar Jahren vollendet sein. Bis dahin sind diese Menschen noch auf sich, den Staat und die zahlreichen NGOs angewiesen, die sich vor Ort engagieren.
Dhanyabad.
Fotocredits: Timm Schamberger, Bishnu Ban, Arno Coerver, Thorsten Thor